Was macht uns ehrlich?

Nur drei Dinge machen den Menschen wirklich ehrlich: Wut, Verzweiflung und Alkohol. Alkohol macht uns ehrlich, indem er uns unsere Hemmungen nimmt und uns die Gründe für diese vergessen macht. Aber genau genommen ist der Alkoholiker im Rausch nicht wirklich vollständig ehrlich, sondern nur authentisch bzw. spontan. Man lebt im Rausch zwar momentane und unterdrückte Impulse aus und gibt auch ansonsten zurückgehaltene Meinungen von sich, diese müssen aber nicht vollständig oder im Kern wirklich repräsentieren, was wir denken und wer wir sind.

Wahrer Ehrlichkeit bringen uns hingegen Wut und Verzweiflung wesentlich näher. Wut bringt uns zur Ehrlichkeit über das, was wir wollen und was uns wichtig ist sowie wie wir die Umstände im Bezug darauf sehen. Wut erlaubt uns also einen ehrlichen Blick auf uns selber, während Verzweiflung uns einen ehrlichen Blick auf die Welt ermöglicht.

Im Tunnelblick der Wut treten die Konsequenzen, die unsere Worte und Taten für uns selber und andere haben, in den Schatten des Objekts unserer Wut, das wir zu verändern, zu verteidigen oder zu überwinden suchen. Die Wahrheit, die dabei zu Tage tritt, ist die unserer Abneigungen, unserer Frustrationen, unserer Beschwerden und allem, was uns sonst noch irgendwie negativ belastet. Implizit sind darin dann auch immer unsere Werte und die Objekte unserer Sorge enthalten, die wir dadurch verteidigen, oder bisweilen auch durchsetzen wollen. Wut sagt uns also, was uns stört und damit auch indirekt, was wir wollen und was uns wichtig ist. Denn schließlich können uns Dinge immer nur deshalb stören, weil sie bedrohen, was wir wollen und was uns wichtig ist.

Verzweiflung macht uns ähnlich wie die Wut deshalb ehrlich, weil sie uns dazu bringt, jegliches Kalkül über den Nutzen oder die Gefahren von Ehrlichkeit zu vergessen. Nur treten die Gründe für unsere Zurückhaltung gegenüber der Ehrlichkeit dabei alle auf einmal und nicht mehrheitlich, auf Kosten einiger weniger aber wichtigerer, zurück – wie es bei der Wut der Fall ist.

Wer sieht, dass er durch Ehrlichkeit nichts mehr zu verlieren und durch Lügen auch nichts mehr zu gewinnen hat – ob es nun wirklich so ist oder nicht -, hat eigentlich keinen Grund, unehrlich zu sein, oder zu schweigen.

Das ist auch der Grund, warum man alten Menschen eine höhere Weisheit nachsagt. Die Jugend hat noch auf ein ganzes Leben vor sich zu schauen, wobei für sie entsprechend viel auf dem Spiel steht, und wird es deshalb schwer haben, vor sich oder vor anderen einzugestehen, was ihre Aussichten gefährdet. Die Alten aber haben sich darum weniger zu sorgen, weil sie einfach weniger zu verlieren und zu gewinnen haben.

Was ist Führung?

Die Kunst der Führung ist die Kunst, Menschen auf den richtigen Weg zu bringen.
Doch muss erst eine Richtung eröffnet werden, bevor ein Weg sichtbar werden kann;
erst ein Weg aufgezeigt werden, bevor er überhaupt bemerkt werden kann;
erst die Menschen diesen Weg wollen, bevor sie auf ihn kommen können;
sie erst auf ihn kommen, bevor sie ihn gehen können;
die Menschen auf ihm bleiben, bevor sie auf ihm vorwärts kommen können;
und sie schließlich auf ihm vorwärts kommen, um ihre Ziele zu erreichen.

Jeder dieser Schritte aber ist ohne den Willen, ohne die Bereitschaft, ohne die Befähigung und letztlich auch ohne die Tätigkeit aller Beteiligten nicht vollziehbar. Die Kunst der Führung erfordert also, alle diese Voraussetzungen dort zu erzeugen, wo sie noch nicht gegeben sind, sie dort wahrzunehmen, wo sie es schon sind, sie jeweils aufzugreifen und dann immer einen Schritt weiter zu bringen. So führt man die Menschen Schritt für Schritt auf ihren Weg, bringt sie ihn Bewegung und schließlich dazu, auch von alleine den richtigen Weg zu gehen.

Gute Führung zielt also langfristig immer darauf ab, sich selber obsolet zu machen. Ihre Aufgabe ist es, die Menschen dazu zu bringen, von sich aus das zu sehen, das zu wollen, das zu verstehen und das zu tun, was für sie selber das Beste ist, wozu sie aber alleine und spontan (noch) nicht in der Lage sind.
Sie tut es erst für sie, dann und dann mit ihnen und läßt sie es am Ende von alleine weitermachen.
Gute Führung baut also stets Brücken zwischen dem Wohl, dem Willen und der Tätigkeit von Menschen. Was gut für sie ist, davon muss sie sie überzeugen, was sie wollen, dem muss sie ihnen einen Weg geben, und was dafür zu tun ist, das muss sie anleiten, vereinen und organisieren.

Nicht zu verwechseln ist Führung dabei mit Tyrannei. Tyrannei ist eher ein Antreiben als ein Anführen. Sie hat nicht das Wohl der Menschen, sondern das Wohl ihrer Herrscher im Sinn. Sie will sich nicht obsolet machen, sondern macht die Menschen von ihr abhängig. Sie erhebt nicht um selber aufrechterhalten zu werden, sondern erniedrigt um höher zu stehen. Sie beruht nicht auf Überzeugung, sondern auf Überredung. Ihr Mittel ist nicht Aufklärung und Einsicht, sondern Lug und Betrug. Sie bewegt die Menschen nicht durch gemeinsames Streben nach Verbesserung durch eine Vision, sondern durch Angst und Schrecken.

Bewunderer, Verbündete, Unterstützer und Freunde

Man sollte sich davor hüten allzu viele Bewunderer zu gewinnen, v.a. dann, wenn man stattdessen weniger, aber bessere Freund haben kann. Warum aber? Wo ist der Unterschied zwischen Bewunderern und Freunden?

Das Tolle an Bewunderern und Verehrern ist, dass sie dem eigenen Ego und damit unserem Gefühl von Wertschätzung und Zugehörigkeit ungeheuer viel Aufschub bringen können. Das Schlechte an ihnen ist, dass sie oft nicht zu allzu viel mehr taugen. Weder sind sie besonders nützlich, noch sind sie verlässlich und so gut wie nie sind sie uns wirklich wohlgesonnen, auch wenn sie uns genau den gegenteiligen Eindruck vermitteln.

Sie mögen uns ja nicht für den Wert, den wir als Mensch allgemein, sowie als Individuum im Besonderen haben, sondern für den Wert, den wir ihnen durch Nutzen oder Wohlgefühl bereitstellen. Wären sie wenigstens scharfsinnig, oder zumindest um Verständnis bemüht, so würde Einsicht von Nutzen und Wohlgefühl zur Wertschätzung für den dahinter stehenden Menschen führen. Doch sie sehen nicht, dass hinter unserer von ihnen geschätzten Leistung für sie, unsere Taten, hinter unseren Taten unser Charakter und hinter unserem Charakter letztendlich ein Mensch mit einer Geschichte steht.

Das macht ihre Zuneigung uns gegenüber nicht intrinsisch und damit unecht, kurzsichtig und engstirnig. Sie ist rein opportunistisch und schwindet meistens genauso schnell wie sie gekommen ist, sobald man ihnen eben nicht mehr opportun ist. Dann wird aus Bewunderung ganz schnell Gleichgültigkeit, oder unter Umständen sogar Verachtung (nämlich dann, wenn sie mit Erwartungen und Ansprüchen verbunden war).

Sie sind dann „enttäuscht“ von uns. Aber nicht wir haben sie getäuscht, sondern sie sich selber und zwar in dem, was sie eigentlich wollten und was sie in uns gesehen haben. Denn sie wollten in uns ja nur sehen, was sie von uns wollten, nicht aber wer wir sind. Sie wollten sich dabei auch nicht fragen, was von dem, was sie wollen, sie überhaupt realistisch von uns, oder sogar ganz grundsätzlich erwarten konnten. Oft ist es sogar so, dass man gerade deshalb so unrealistische Erwartungen an andere hat, weil man so nicht mit der Tatsache konfrontiert werden muss, dass die eigenen Erwartungen eben grundsätzlich unrealistisch und widersprüchlich sind. Versagt hat im Zweifelsfall dann immer der Bewunderte und eben nicht man selber, auch wenn das Scheitern ohnehin schon vorprogrammiert war.

Bewunderer und Verehrer sind uns also insgeheim nur deshalb gewogen, weil es ihnen darum geht was sie von uns haben, oder sich versprechen können. Ob wir es ihnen bereitstellen können, ob es überhaupt Sinn macht, ob es nicht eigentlich auch von ihnen abhängt und was sie für uns dafür tun können, kümmert sie im Gegenzug wenig. Deshalb auch sind sie zu nichts zu gebrauchen.

Das unterscheidet sie auch von Unterstützern oder Verbündeten. Diese sind entweder aufrichtig opportunistisch (Verbündete) oder aufrichtig zugeneigt (Unterstützer) und deshalb aus Vernunft oder tatsächlichem Wohlwollen auch eher dann hilfsbereit, wenn es wirklich darauf ankommt. Sie erkennen unseren Nutzen, oder unseren Wert, ohne ihn für selbstverständlich zu nehmen und ihn einfach nur auszunutzen, oder sich ihn so einzubilden, wie sie es gerne hätten.

Bewunderer und Verehrer sind aber insgeheim unaufrichtige Opportunisten und damit weder aus Altruismus, noch aus Kalkül wirklich bereit zu einer Gegenleistung. Sie wollen uns nur ausnutzen, auf der Woge von Erfolg und Aufmerksamkeit mitreiten, die Fantasie genießen, dass jemand anderes für sie ihre Probleme löst, sich groß und bestätigt vorkommen, ohne aber selber etwas dafür zu tun, oder auch nur für sich etwas davon zu lernen und ihr eigenes Leben zu ändern.

Wir haben also nichts von unseren Verehrern, aber sie haben auch nicht wirklich etwas von uns. Denn genauso wie Verehrer das Ego desjenigen aufplustern, den sie verehren ohne ihm zu nutzen, so haben sie selber auch nichts davon. Denn entweder kommt ihre Verehrung von einem bereits vorher bestehenden Nutzen und sie ist überflüssig, oder aber sie zielt nur darauf ab, das eigene Ego aufzuplustern, indem man sich an Größeren hochzieht und ist somit ebenfalls nutzlos.

So haben also sowohl die Bewunderer, als auch die Bewunderten nicht wirklich etwas von ihrer parasozialen Beziehung (v.a. dann wenn diese nur einseitig ist), außer dass sie sich gegenseitig ihr Ego stützen können. Deshalb sollten sie dieses parasoziale Verhältnis überwinden und aus dem Verhältnis von Bewunderer und Bewunderten eines von Unterstützern und Unterstütztem, von gegenseitigen Verbündeten oder von Beispiel und Lernenden werden lassen..

Noch besser aber, als Unterstützer, Verbündete oder Schüler zu haben, ist es eine wahre Freundschaft mit anderen einzugehen. Wodurch aber zeichnet sich Freundschaft aus? Freundschaft beruht auf Gegenseitigkeit und Symmetrie. Sie ist ein wohlwollendes, reziprokes Verhältnis von Gleichstehenden. Freunde sehen und wollen das Gute ineinander, auch dann wenn es leichter wäre, dies nicht zu tun und auch dann, wenn ihr Freund das – zumindest im Moment – selber nicht zu sehen vermag. Ein Freund will nicht einfach das von dir, was er für sich als nützlich befindet und auch nicht einfach, was er selber für sich haben wollen würde. Er will Gutes für das Gute und Schlechtes für das Schlechte in dir. Nehmen sich beide so zurück und geben sich einander hin, so haben sie doch am Ende mehr als wenn sie nur auf ihren eigenen Nutzen bedacht gewesen wären. Darin liegt das Wunder der Freundschaft.

Allgemein lässt sich wohl sagen, dass die Menschen dort, wo sie ihren Egoismus gegenseitig und gleichmäßig voreinander zurückstellen, am Ende dadurch gerade am meisten für sich gewinnen. Und wo sie am meisten zuerst und oft leider auch nur auf sich selber bedacht sind, da werden sie auch am wenigsten voneinander und für sich haben.

Die Herausforderung vor der die Menschen stehen, ist nur dies richtig zu tun und ihren Egoismus nur auf der Basis von Gegenseitigkeit zu zügeln. Je größer die Zahl der Menschen und je komplexer, einseitiger und indirekter ihre Verhältnisse, um so schwerer gestaltet sich dies. In einer echten Freundschaft, welche das klarste, reinste und intimste aller menschlichen Verhältnisse ist, ist dieses universale Ideal am höchsten verwirklicht. Deshalb sollten wir auch im Umgang mit anderen Menschen, wo dieser auf Sympathie oder auf Nutzen beruht, danach streben beides zusammen und zum Ausgleich zu bringen.

Was ist Neugier?

Dem Namen nach ist es die Gier nach Neuem, doch was heißt das überhaupt? Was ist neu und warum erweckt es unsere Gier? Ist nicht streng genommen jeder Moment, den wir erleben, einzigartig und damit neu? Wieso reden wir bei Neugier überhaupt von Gier, wo doch Neugier bei jedem – zumindest vorübergehend – irgendwann gesättigt ist, echte Gier sich aber dadurch auszeichnet, dass sie nie ein Ende findet?

Und wie kann man überhaupt Neues begehren, wo doch die Begierde immer auf dem beruht, was wir uns von einer Sache versprechen, wir uns aber von dem, was wir nicht kennen, weil es neu ist, eigentlich somit auch nichts versprechen können dürften? Kann eine Sache allein dadurch einen Wert haben, dass sie neu ist, egal was genau sie ist? Und wenn ja, worin liegt dieser Wert des Neuen an sich?

Mit allem Neuen kommt auch immer Abwechslung in unser Leben und mit dieser ein Ende unserer Langeweile sowie aller Dinge, die uns vorher beschäftigt und nicht selten auch belastet haben. Das Neue bringt uns also mit der Abwechslung in den meisten Fällen eine Erleichterung. Je mehr wir dadurch belastet werden, dass in unserem Leben entweder nicht genug, oder zu viel von dem Falschen los ist, umso mehr genießen wir diese Erleichterung und umso mehr fliehen wir uns in Zerstreuung durch ständige Abwechslung.

Aber ist das wirklich noch Neugier oder nicht einfach bloß ihr komplementäres Gegenteil, also die Abneigung gegenüber dem Alten, Bekanntem und Gewohntem an sich und in seiner konkreten Ausführung? Das ist sicherlich ein Teil der Neugier, jedoch hat uns das Neue noch mehr zu bieten als bloße Abwechslung und auch diese mehr als bloße Erleichterung.

Das Neue bietet uns, je nachdem wie neu es ist, immer Anregung und somit die Möglichkeit zur Inspiration. Und wenn wir es als Herausforderung angehen, auch zu Wachstum. Denn alles was neu ist, ist anders. Und alles was anders ist, will verstanden werden. Somit bietet uns alles Neue immer eine Gelegenheit zu lernen und dabei zu wachsen, entweder im Umfang in Form von neuem Wissen, oder durch Vertiefung unseres bestehenden Wissens, wenn wir es im Abgleich mit diesem nicht als neu erkennen und in dieses einordnen.

In der Auseinandersetzung mit dem Neuem, wächst aber nicht nur unser Wissen. In dem Maß, wie wir es neben unserem Verstand auch noch mit unserem Handeln zu bewältigen haben, wachsen daran auch die dabei herausgeforderten Fähigkeiten und Fertigkeiten an Umfang und Tiefe.

Neugier beruht also auf dem Wert des Neuen an sich, oder um genau zu sein unserer subjektiven Erwartung davon. Sie ist stets in dem Maß begrenzt, wie es unser Hunger nach ihr und unsere Kapazität für sie ist.

Neugier ist somit eigentlich gar keine Gier. Vielmehr müsste man von der Neophilie, also der Liebe zum Neuen, der Freude am Neuen, der Wertschätzung des Neuen oder der Offenheit für das Neue sprechen.

Wirklich zur Gier wird Neugier erst dann, wenn der Hunger nach Neuem unsere Kapazität, dieses zu verdauen (also es zu verarbeiten, in dem wir von ihm lernen, uns daran anpassen und es bewältigen), übersteigt. Dann liegt das allerdings nicht daran, dass uns das Neue durch seinen Reiz so stark anzieht, sondern dass wir vielmehr durch unser Unbehagen mit Altem, Bekannten und Gewohnten immer wieder aufs Neue zum Neuen getrieben werden.

Was ist Faulheit?

Faulheit ist die Verweigerung des Diktats der Nützlichkeit.

Wer faul ist, ist nicht etwa weniger bereit sich für etwas anzustrengen. Er ist es nur dann nicht,wenn es ihm nicht persönlich interessant oder notwendig genug vorkommt. Ob es dabei im weiteren Sinne nützlich ist oder sein könnte, kümmert ihn nicht, weil er sich stets mehr für das interessiert was er will, als das was er – ob nach eigener oder fremder Maßgabe – tun sollte.

Zwar gibt es für das, was man will, immer auch etwas, was man dafür tun sollte oder muss, allerdings ist deshalb noch lange nicht alles ,was man tun sollte oder vermeintlich muss auch irgendwie für das, was man will relevant.

Es kümmert den Faulen also nicht was man denn so tun sollte, sondern was er selber genau (und leider oft auch nur jetzt) will. Die Faulheit ist also der Minimalismus der Bemühung konzentriert auf den eigenen Willen.

Dieser Minimalismus erweist sich dabei immer als ein zweischneidiges Schwert. Denn einerseits erspart man sich dadurch unnötige, irrelevante und unkonstruktive Bemühungen, andererseits übersieht man dabei oft gerade die Bemühungen, die für das, was man will, nicht direkt und unmittelbar, dafür aber indirekt, mittelbar und langfristig relevant sind.

Der blinde Fleck des Faulen liegt also genau im Schatten der Schärfe seines Fokus auf den eigenen Willen. Er „weiß“ zwar genau, was er will und ist sich darin auch genauso sicher, allerdings übersieht er dabei oft, was es dafür aus einer weiteren Perspektive gesehen alles braucht.

Denn wer sich immer nur mit dem beschäftigt, was ihm sofort und unmittelbar im gegenwärtigen Moment als relevant ersichtlich ist (oder so scheint), der sucht nicht danach, was darüber hinaus noch relevant ist, sein kann und sein sollte, und auch nicht danach, worin sich die Relevanz der Dinge für uns überhaupt begründet.

Der Haken bei der ganzen Sache ist zudem, dass nicht einfach nur unsere Tätigkeit in unserem Interesse begründet liegt, sondern auch umgekehrt unser Interesse in unserer Tätigkeit. Denn damit etwas für uns interessant wird, muss es erst einmal relevant sein und relevant wird es eben dadurch, dass wir uns damit beschäftigen.

Interesse und Bedürfnis – wovon der minimalistische Wille des Faulen bestimmt wird – sind also gemeinsam die Kraft, die einerseits unseren Willen beleben und vorantreiben, ihn andererseits aber auch einengen kann. Wird er derartig zu sehr durch sich selber eingeengt, besteht die Gefahr, dass er sich dabei selbst erstickt. Und genau das ist die Gefahr bei der Faulheit aus der wir folgende Lehre ziehen können: Sieh zu, dass du dich nicht zu sehr auf das beschränkst, was dir im Moment wichtig ist, sonst wird dir auf Dauer immer weniger wirklich wichtig sein können.

Die Faulheit ist also letztendlich ein zweischneidiges Schwert. Sie nimmt uns die unnötigen Belastungen und Beschäftigungen genauso ab wie die nötigen und hilfreichen. Aus ersterem Grund sollte man sie nicht als Sünde verdammen, aus letzterem aber sich ihr auch nicht unreflektiert hingeben.

Man steht somit vor der Wahl, entweder grundsätzlich faul zu sein und sich nur um das zu bemühen, was einem unmittelbar wichtig ist, oder aber sich erst zu bemühen und dann zu prüfen, was von unseren Mühen wirklich den Aufwand wert ist.

An einem kommt man allerdings in jedem Fall nicht vorbei: sein Handeln an dem zu orientieren, was einem wichtig ist. Faulheit ist dabei lediglich die Via Negativa zu diesem Ziel.

Was ist epistemische Bescheidenheit?

Erwachsen, wird man indem man die unabhängig von einem existierende objektive Realität kennen, akzeptieren und schließlich verändern lernt. Weise werden wir, wenn wir die Grenzen unserer Erkenntnis und unsere Einflusses kennen, akzeptieren und schließlich ausdehnen lernen, wobei letzteres auf ersterem beruht aber es doch nie ganz überwinden kann.

Denn die Grenzen unseres Verständnisses der Welt sind nicht gleichbedeutend mit den Grenzen der Realität an sich. Sie sind jedoch stets die Grenzen unserer Welt, also von dem Teil der Realität in dem wir objektiv und subjektiv leben (beides ist jedoch nicht immer deckungsgleich), also dessen was wir erfahren, erfassen, begreifen und schließlich evt. auch verändern können. Dabei verkleinert sich der Kreis der uns zugänglichen Realität mit jedem dieser Schritte, in dem Maß wie er uns ihr im konkreten Sinne näherbringt, immer mehr. Wir können nie so viel erfassen wie wir erfahren können, nie so viel begreifen wie wir erfassen können und schließlich niemals so viel verändern wie wir begreifen. Erfahren tun wir was uns berührt, erfassen tun wir alles was davon auch einen Eindruck hinterlässt, begreifen tun wir die Eindrücke die wir in Sprache fassen -oder vielmehr allgemein in mentalen Repräsentationen für uns enkodieren- und verändern tun wir schließlich, was wir über und mit Hilfen von unseren mentalen Repräsentationen durch unser Handeln beeinflussen -ob nun bewusst oder unbewusst.

Das ist das große Paradox des Menschen im Umgang mit der Welt: Je näher er dieser kommt umso kleiner wird sie für ihn, umso mehr hat er sie dafür in der Hand und umso ferner ist er ihrem gesamten Wesen.

Die beiden Extrempole unserer Nähe zur Realität sind in maximaler Nähe die Position der Macht -also des bewusst handelnden, eingreifenden und verändernden Menschen- und in maximaler Weite die Position des Mystikers -also die der reinen, ungefilterten und unbeteiligten Erfahrung der Realität als solcher. Dass dabei weder der Mystiker die reine Erfahrung noch der Machtmensch die absolute Kontrolle, noch beide vollständige Erkenntnis je wirklich erreichen können, ändert an der Existenz dieser Pole jedoch nichts. Sie sind kein festes Ziel sondern eher wie ein Horizont, den man nie ganz erreichen kann, auch wenn man ihm doch immer näher und damit in seine Richtung immer weiter kommt. Diese Horizonte geben die jeweils unterschiedlichen Wege vor die Welt kennenzulernen, den der Macht aus der Nähe und den des Mystikers aus der Ferne.

Wo sich dieser Kreis aber nach innen verengt, da muss er wenn wir an Wissen und Weisheit im Umgang mit der Realität gewinnen wollen auf umgekehrtem Wege wieder ausgeweitet werden. Wir müssen zuerst verstehen, dass es stets Dinge geben wird die wir erfahren aber nicht erfassen können, die wir erfassen aber nicht begreifen können, die wir begreifen aber doch nicht in Worten artikulieren können und schließlich solche die wir komplett verstehen, aber doch nie verändern werden können, um dann darüber hinausgehen zu können.

Unsere Erkenntnis auszuweiten und die Grenzen unserer Realität anzuerkennen gehen also Hand in Hand. Will man sich weiterer Erkenntnis öffnen, muss man die Grenzen der bisherigen anerkennen. Erweitert man seine Erkenntnis wird alles bisherige durch sie immer relativiert werden. Mehr Wissen ist nur erreichbar, wenn man zuerst weiß was man nicht weiß. Und was für konkretes Wissen gilt, gilt genauso für die zu ihm führenden Erkenntniswege. Erst wenn man sieht, dass es mehr Richtungen gibt als die wohin die bekannten Wege einen führen, kann man sie verlassen und sich dazu begeben diese zu erkunden.

Aber auch damit kommt man irgendwann zu der oben erwähnten Erkenntnis, dass es über unsere Erleben hinaus und außerhalb unserer Kontrolle immer noch unendlich mehr geben muss, welches sich uns immer entziehen wird. Dies sind unsere ultimativen Grenzen, die wir niemals überwinden können und die uns zu dem machen was wir als Menschen sind. Erkennen wir dann unsere Grenzen einerseits als einzelner Mensch und andererseits als Mensch an sich, erlangen wir dadurch Selbsterkenntnis. Denn die Grenzen der eigenen Erkenntnis, erkennen wir immer nur im Zusammenhang mit ihre Bedingungen, und diese Bedingungen schließlich liegen in uns und unserem Wesen, weshalb wir uns durch ihre Erkenntnis auch selbst erkennen genauso wie wir durch Selbsterkenntnis unsere Grenzen erkennen.

Was ist der Wert des Geldes?

Um den Wert des Geldes wirklich verstehen zu können, muss man zuerst wissen wie es ist arm, dann reich und schließlich bescheiden zu sein.

Denn mit dem Geld ist es wie mit vielen anderen Gütern im Leben auch. Man merkt oft erst dann wie sehr man sie braucht, wenn es einem daran mangelt. Wer einfach nur genug Geld hat, für den ist es wie für den Fisch das Wasser: stets im Überfluss vorhanden, selbstverständlich, unsichtbar und ohne Belang oder Bedeutung. Doch braucht der Fisch nichts so sehr wie dieses Wasser, obwohl er sich ihm am wenigsten bewusst ist.

Geld alleine macht einen nicht glücklich, überhaupt kein Geld zu haben allerdings erst recht nicht. Wirklich vollständig verstehen kann man das nur wenn man es auch einmal selber erlebt hat. So muss man eben erst arm sein um wirklich verstehen zu können warum und wozu man Geld braucht.

Bringt man es nun zu genug Geld oder hat einfach genug davon um damit alles abzudecken was man braucht so hat man sich dann damit zu beschäftigen wozu es zu gebrauchen ist; was man also damit machen kann und was nicht.

Geld eignet sich wunderbar dazu sich jede Menge unliebsame Probleme vom Hals zu halten oder vom Hals zu schaffen, wird man sich selbst jedoch zum Problem -was den meisten Reichen früher oder später passiert- erweist es sich als vollkommen nutzlos.

Denn wenn es darum geht wirklich glücklich zu werden und nicht einfach nur Spaß zu haben, sich wirklich selbst zu verbessern und nicht einfach nur überlegen zu sein, wahre Weisheit und Erleuchtung zu erreichen oder sich selbst zu verwirklichen ist man immer komplett auf sich alleine gestellt. In solchen Fällen ist man sich selber das Problem, das es zu lösen gilt. Und wo man es mit der Kehrseite davon zu tun hat, wo man mit Ängsten Zweifeln, Depression, Unsicherheit und sonstigen Seelenleiden zu tun hat, da ist man sich selber auch immer der größte Feind. Gegen alles was derart in uns liegt, ist das allein auf die äußere Welt ausgerichtete Geld vollkommen machtlos.

Kein Reichtum, bewahrt einen vor der eigenen Dummheit, Trostlosigkeit, Seelenleere, Verdorbenheit, Einsamkeit und allen anderen Abgründen des menschlichen Daseins.

Das man sich aus seinen eigenen und hausgemachten Problemen nicht herauskaufen kann, merkt man aber meist erst dann, wenn man es auch einmal versucht hat oder zumindest in der Lage war es versuchen zu können. Wer aber nie viel Geld gehabt hat, wird meistens auch nicht wirklich verstehen können wozu es nicht taugt.

Den Armen geht es so wie vielen Anderen die unter einem Mangel leiden: Das ihnen etwas fehlt macht ihnen überall Probleme und deshalb glauben sie wenn sie nur genug davon hätten würden sie auch alle ihre Probleme loswerden. Der Rasen ist stets grüner auf der anderen Seite, und er ist es dabei umso mehr, je weniger wir dabei von ihm zu sehen bekommen. Die Armen sind also nicht unbedingt weniger materialistisch, sie können es einfach nur aus ihrer Lage oder aus wirklichem Mangel an Fähigkeiten heraus nicht sein.

Geld wird außerdem dadurch, dass man es hat, unabhängig ob und wie man Gebrauch davon macht, mit der Zeit immer mehr zur Last. Je mehr man besitzt umso mehr neigt man auch davon besessen zu werden. Hat man viel Geld gewöhnt man sich schnell daran, kann dann aber auf dieses und allgemein viel schwerer verzichten und muss sich ständig darum sorgen es auf dem erforderten Stand zu halten und sich davor hüten, dass man für das was man hat nicht mit Neid, Missgunst, Opportunismus Kriecherei usw. als der behandelt wird der man ist.

Man kann also weder als Reicher noch als Armer jemals wirklich glücklich werden, man kann es aber mit Hilfe der Erfahrung von beidem. Armut lehrt uns Geld nicht zu verschmähen, seine Notwendigkeit zu verstehen und seinen Nutzen zu schätzen. Reichtum lehrt uns die Nöte und die Grenzen des Geldes. Beides zusammen lehrt uns, uns vom Geld loszulösen und es unseren Prioritäten unterzuordnen aber es dabei nicht zu ignorieren.

Wir sollten uns immer erst fragen wie wir wirklich leben wollen und uns dann darum kümmern, wie wir an des Geld dafür kommen können, anstatt uns vom Geld unser Leben zu diktieren lassen -ob nun durch Überfluss oder durch Mangel. Wir werden dabei oft von unserem idealen Lebensstil Abstriche in Kauf nehmen müssen um das Geld für ihn zu bekommen und müssen dann abwägen wie viel wir bereit sind von unserem Leben für das Geld welche es benötigt aufzugeben.

Schaffen wir es so innerhalb unserer Mittel zu leben sind wir endlich bescheiden geworden. Wir wollen dann weder vom Geld mehr als wir brauchen, noch brauchen wir von ihm mehr als wir wollen.

Gewinnen kann jeder

Jeder kann mutig sein, solange er Aussicht auf Erfolg hat, sich Ideale leisten solange sie ihn nichts kosten, Größe wagen wo er keinen Fall zu befürchten hat, zur Wahrheit stehen wo ihr nichts widerspricht. Es ist leicht sich zum Guten zu entscheiden solange man dafür nichts zu befürchten hat und selbst dann solange man trotz der Furcht noch Hoffnung in den eigenen Erwartungen finden kann. Aber je leichter eine Sache für uns ist -ob nun aus Mangel an Schwierigkeiten oder sicherer Erfolgserwartung- umso weniger wahrhaftig ist sie auch.

Wir tun was wir tun immer aus zweierlei Gründen: Weil wir uns etwas davon versprechen und dieses mit dem Aufwand dafür abwägen und weil wir davon überzeugt sind oder es einfach unserem Wesen entspricht -also aus Prinzip. Je mehr wir uns von einer Sache versprechen können umso weniger Bedeutung können unsere Überzeugungen und unser eigenes Wesen also für unsere Entscheidungen, unser Handeln und auch unser Denken haben. In einem gewissen Sinne sind dann alle unsere Qualitäten die wir aufbringen immer nur von dem Gewinn den wir uns versprechen entliehen. Und wo dieser entweder erreicht wird oder sich die Aussicht des Scheiterns nähert, fallen diese Qualitäten auch wieder in sich zusammen.

Das bedeutet aber umgekehrt, dass je weniger wir uns von Etwas versprechen, wir umso mehr auf uns selber gestellt sind und uns gerade deshalb versichern können wer wir wirklich sind, was wir wirklich wollen und wo unsere wahre Stärke liegt.

Erst wenn alles zwecklos ist, sind wir auch wirklich frei von Zwecken. Und erst wenn wir frei von Zwecken sind kann unser wahres Selbst zu Tage treten. Erst dann offenbart es sich; erst dann beweist es sich und erst dann kann es sich auch wirklich herausbilden und festigen. Hier müssen wir und können wir auch deshalb erst, die Gründe für unsere Entscheidungen nur in uns selber finden, in unseren Prinzipien, unseren Werten und unserem wahren Wesen.

Wahrer Mut beweist sich also erst dort wo es keine Hoffnung mehr gibt, Überzeugung wo sie kein Luxus mehr sondern eine Last ist und wahre Größe wo sie sich auf nichts mehr als sich selber verlassen kann. Aussichtslosigkeit schafft Klarheit, Wahrhaftigkeit und Reinheit.

Wirklich wir selbst werden wir also nicht wo wir nichts mehr zu verlieren haben, sondern da wo wir nichts mehr zu gewinnen haben. Denn was uns ausmacht ist nicht die Sorglosigkeit sondern vielmehr die Sorge um das was uns wirklich wichtig ist. Und wirklich wichtig ist uns eben nur das, wofür wir bereit sind uns selber einzusetzen, ohne dass wir uns davon einen Gewinn versprechen können. Wo wir also nichts zu gewinnen haben, haben wir auch keinen Grund mehr uns irgendetwas vorzumachen. Um aber trotzdem nicht aufzugeben, ist es nun an uns den Grund der uns das erforderte Durchhaltevermögen bringt in uns selber zu finden.

Was ist Korruption?

Korruption ist subversiver opportunistischer Regelbruch. Sie ist damit Verrat und Betrug zugleich und zwar in einem Kontext wo Pflichten, Verantwortlichkeiten und Verbindlichkeiten (bzw. Regeln) hintergangen und gebrochen werden.

Korruption unterscheidet sich von einfacher Rebellion darin, dass dieser Regelbruch nicht offen und erst recht nicht aus Protest geschieht. Genau das macht sie eben nicht konfrontativ, sondern subversiv auch wenn sie bisweilen als insgeheime Form passiv-aggressiven Widerstands praktiziert wird.

Korruption untergräbt stets die Funktion aller sozialen Arrangements innerhalb von denen sie stattfindet, v.a. aber von solchen die sich nicht auf die natürliche Überschneidung von unmittelbarem persönlichen Opportunismus verlassen können. Was sie dabei so besonders gefährlich macht, ist sie dass sie diese Arrangements und ihre Funktionen sowohl nicht in Frage stellen als auch nicht angreifen und wirklich beseitigen aber trotzdem untergraben. So richten sie Schaden an und verhindern zugleich dessen Behebung.

Jede Gesellschaft, sowie jede Form kooperativer Zusammenkunft von Menschen überhaupt beruht stets auf einem arbeitsteiligem System von Rollen und ist entsprechend darauf angewiesen, dass diese einerseits erfüllt werden und andererseits stets erkennbar ist wie weit sie erfüllt werden, um für den Fall dass das nicht geschieht entsprechend erforderliche Korrekturen machen zu können. Die Gesellschaft besteht dabei aus einer Vielzahl von Institutionen welche ihre Rolle jeweils in der Erfüllung ihrer Funktion haben, während die Menschen innerhalb der Institutionen genauso ihre Rollen und damit ihre Funktion erfüllen zu haben. Die meisten Institutionen (und damit auch die Menschen in ihr) bekommen ihre Rolle dabei offiziell zugewiesen und öffentlich anerkannt und füllen damit immer die Nische ihrer funktionellen Zuständigkeit. Werden sie dabei korrupt, so fällt die Funktion entweder teilweise oder ganz aus oder wird sogar in ihr Gegenteil pervertiert, während aber die Nische weiterhin besetzt und der Schaden dabei oft verdeckt bleibt. Und eben dadurch wird zur Funktionswiederherstellung erforderliche Veränderung, Ersatz oder Neuaufbau verhindert.

So wie die Tyrannei eines Regimes die Menschen in Knechtschaft hält, hält dessen Korruption sie in Geiselhaft. Korrupte Institutionen nehmen den Menschen ihre Aufgaben nicht mehr weg, sie nehmen sie ihnen ab; und zwar im doppelten Sinn: Sie nehmen ihnen die Möglichkeit dass diese überhaupt getan werden können und genauso die Möglichkeit diese selber zu tun. So können sie weder ihre eigenen Angelegenheiten unter sich klären, noch sie für sich durch Andere klären lassen.

Akzeptiert wird Korruption deshalb auch nur dort wo die Tyrannei ihre einzige Alternative darstellt, genauso wie Kriminalität nur dort akzeptiert wird wo ansonsten nur Korruption geläufig ist. Denn die meisten Menschen bevorzugen stets die Zerstörung ihrer Gesellschaft gegenüber einer Gesellschaft die sie zerstört.

Opfer oder Verlierer

Man sollte nicht allzu schnell über das Leid anderer Menschen in ihrem eigenen Leben oder im Umgang mit anderen Menschen urteilen, bevor man sich nicht gefragt hat ob dessen Ursache im Wollen oder im Können der Betroffenen und Beteiligten liegt.

Leidet man selber durch einen Mangel an Können -ob nun durch wirkliche Unfähigkeit oder ein überfordernde bis unmögliche Situation- machte einen das zum Opfer während ein Mangel an Willen einen in dieser Hinsicht zum Verlierer macht.

Leidet aber ein Mensch durch einen Anderen, weil dieser einem ein Leid zufügt ist es genau umgekehrt. Wer hier durch geringeren Willen unterliegt ist ein Opfer, wer es aber nur durch einen Mangel an Können tut nur ein Verlierer. Zum Opfer wird wer von einem anderen durch dessen Skrupellosigkeit und Böswilligkeit zum eigenen Nutzen oder aus purem Sadismus übervorteilt wird.

Ein Räuber unter den Menschen ist selten fähiger oder besser als seine Beute und selbst wo er es ist, ist er es selten deshalb weil er die Rolle des Räubers einnimmt, genausowenig wie einen Überlegenheit nicht automatisch zum Räuber macht.

Wo aber der Räuber selber ausgeraubt wird, der Betrogene zum Betrüger wird, der Tyrann zum Kriecher wird, da kann keiner von ihnen mehr als Opfer gelten. Denn er hat durch seine Taten dem Prinzip dem er selber zum Schicksal fällt bereits zugestimmt und somit seine Unschuld verwirkt. Nicht jeder der durch das Schwert lebt, stirbt auch durch dieses, verdient haben sie es aber alle trotzdem. Der Verlierer mag nicht an dem Schuld sein was ihm konkret passiert, er mag es auch nicht verdienen aber er hat es trotzdem zu ertragen, weil er es eben auch mitgetragen hat. Wird man zum Teil von etwas, muss man eben auch damit rechnen dass es irgendwann seinen Teil einfordern wird.

Ein Verlierer hat somit im Gegensatz zum Opfer kein Recht sich zu beklagen. Was ihm geschieht muss nicht aber nicht unbedingt verdient sein und auch was er verdient, kann trotzdem falsch und verurteilbar sein. Trotzdem verdient er weder unser Mitgefühl, noch unsere Rücksicht, noch unseren Schutz, noch unsere Hilfe. Denn wer nur deshalb zum Opfer wird weil er als Schwächerer unterliegt, selber aber Täter ist wo er an Stärke überlegen ist der ist kein Opfer sondern nur ein Verlierer.

Will man nun überprüfen ob diejenigen die unter anderen Menschen leiden wirklich Opfer sind, so muss man sich nur anschauen wie sie mit denen umgehen die ihnen unterlegen sind oder wo sie sich auch nur für überlegen halten. Und will man darüber hinaus noch prüfen ob sie neben unser Gleichgültigkeit auch noch unsere Verachtung verdienen, so muss man sich nur anschauen wie sie mit ihren Niederlagen umgehen. Können sie sich diese eingestehen so sind sie wenn sie doch Verlierer sind, zumindest keine schlechten Verlierer, und wenn sie schon Halunken sind doch zumindest ehrliche Halunken. Können sie aber nicht einmal das, so haben sie nicht nur gegen Andere sondern auch noch vor sich selber verloren. Und was ist schon verächtlicher als ein Verlierer der das Opfer spielt und um Mitleid bettelt wo er selber nicht einmal Rücksicht zeigen konnte?

Genauso wie wir die Pflicht haben niemanden -insbesondere uns selber- zum Opfer werden zu lassen, hat auch niemand das Recht sich selber zum Opfer zu bestimmen. Denn ob wir Opfer oder Verlierer sind entscheiden wird durch unsere Taten entschieden und nicht durch unsere Worte.