Politainment, das ist Politik als Zuschauersport. Dies spiegelt sich sowohl im Stil als auch im Inhalt wieder.
Doch was ist überhaupt Politik? Politik ist die Auseinandersetzung mit dem eigenen Gemeinwesen, sowohl im eigenen Handeln als auch im Diskurs über dieses. Im Idealfall widmet sich der Diskurs dabei den allg. Fragen im Großen und das Handeln den konkreten Möglichkeiten im Kleinen.
Im Politainment aber wird die Politik zum bloßen Zuschauersport, bei dem keine dieser Aspekte wirklich bedient und sie zudem auch ständig durcheinander gebracht werden.
Man moralisiert die Ideologie und ideologisiert die Moral. Das eigene Weltbild verkommt zu einer Collage von Versatzstücken der eigenen, oft eher aus beiläufigen Gründen gewählten, Seite. Man lässt andere für einen denken und spricht für sie, statt für sich selber. So entsteht weder sinnvoller und einsichtsreicher Diskurs, noch wirksames pol. Handeln.
Somit ist Politainment letztendlich nur eine Verschwendung von Zeit, Aufmerksamkeit und Nerven. Darüber hinaus ist es oft auch eine gefährliche Form der Verschwendung, sowohl für einen selber, als auch für alle Beteiligten, Zuschauer und potentiell Betroffene insgesamt.
Wie jedes Spiel, so wird dieses auch dann zur ernsten Angelegenheit, sobald es ernst genommen wird.
Wie bei realem Zuschauersport, wird auch dieser schnell zu einer Arena ersatzweise ausgelebter Triebe, Befindlichkeiten, Ressentiments und Konflikte. Die entweder aus persönlichen oder allg. polit. Problemen stammenden Impulse werden ihres konstruktiven Potentials beraubt und durch die inhärent dramatisierende Natur des Politainments zur destruktiven Kraft gewandelt.
Warum aber neigt Politainment so sehr zur Dramatisierung?
Es ist ein Wettbewerb um Aufmerksamkeit, bei dem sich stets die schrillsten und alarmierendsten Stimmen gegenüber den besonnenen und ausgewogenen durchsetzen. Zudem ist der gesamte Politainmentkomplex seiner Natur nach parasitär.
Alle Inhalte dieses professionellen Kommentariats sind stets rein derivativ und dabei auch noch ohne irgendeinen nennenswerten Mehrwert. Um dies zu kompensieren, muss der Politainmentkomplex die Bedeutung seiner Angelegenheiten aufblasen und möglichst emotional präsentieren, woher auch sein eigenartiger hysterischer Charakter kommt.
Dazu kommen dann noch die sozialen Dynamiken der Blasenbildung, von Reinheitsspiralen und der wechselseitigen Bestätigung u. Eskalation v. Influencern und ihrem Publikum, sowie der Zuschauer untereinander. Es geht um alles mögliche, nur nie um die eigentlichen Inhalte. Vielmehr bilden sie eine Vorlage für diverse psychologische und soziale Dramen, welche alle die sie verfolgen in ihren Bann ziehen und so von konstruktivem Handeln ablenken.
Und selbst dann muss das dargestellte Drama nicht einmal echt sein. Die Rollen, die den jeweiligen Akteuren dabei zugeschrieben werden, oder die diese bewusst selber darstellen, müssen dafür ja keineswegs echt sein und sind es oft auch nicht. Selbstinszenierung, Kayfabe, haltloser Klatsch und auch ganz normale Lügen sind deshalb in diesem Bereich an der Tagesordnung.
Drama verkauft sich einfach besser als Wahrheit, nicht zuletzt deshalb, weil diese in vielen Fällen auch einfach viel zu banal ist um genügend Aufmerksamkeit zu finden.
So trägt Politainment zur Lösung realer Probleme nicht nur nichts bei, sondern schafft dazu auch nur noch mehr neue Probleme und hindert daran diese effektiv zu lösen. Das geschieht nicht nur indem die Beschäftigung mit und Teilhabe an Politainment einen von realen Problemen und deren Lösungsmöglichkeiten ablenkt, sondern auch durch den Konflikt der Handlungslogik des Politainments mit der konstruktiven pol. Handelns.
Was in der Politik positive Resultate erzeugt und was im Politainment Unterhaltung und persönlichen Erfolg bringt ist komplett gegenteilig und steht entsprechend stets im Konflikt. Je mehr man sich an das Eine anpasst umso schlechter wird man dabei im Anderen. Im Zweifelsfall ist es dabei aber immer noch leichter den Schritt zurück ins Politainment zu machen, als umgekehrt den eigenen Rückstand politischer Kompetenz plötzlich wieder aufzuholen.
Allgemein auch ist es stets leichter sich vom Höheren ins Niedere herabzulassen als umgekehrt, da dieses sich oft aus ihm heraus entwickelt hat und das Niedere somit zu einem gewissen Maß immer eingeschlossen und bekannt bleibt.
Je mehr wir uns aber auf das Politainment einlassen, umso mehr geraten wir auch in dessen Sog. Wir verlieren zunehmend die Fähigkeit zur konstruktiven und effektiven Lösung kollektiver Probleme und verfangen uns in einer Spirale von zunehmend hysterischem und destruktivem Politdrama.