Wir alle machen in unserem Leben die Erfahrung, dass wenn wir nicht von ihm überwältigt oder liegen gelassen werden wollen, es von uns erfordert, unsere Erwartungen ihm gegenüber zu entwickeln und mit diesen Erwartungen, wiederum Pläne zu entwerfen, um ihm somit möglichst gut gefasst und vorbereitet begegnen zu können.
Umso mehr wir uns durch Erwartungen und Pläne auf das Leben vorzubereiten versuchen, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es uns überwältigt. Die Schattenseite davon ist jedoch, dass wenn es uns dann erst einmal unvorbereitet erwischt, es uns dafür umso härter trifft. Warum ist das so? Ganz einfach deshalb, weil sich vorzubereiten zugleich bedeutet, sich nicht darauf vorzubereiten, unvorbereitet zu sein. Umgekehrt bereitet man sich, immer wenn man sich nicht vorbereitet, darauf vor unvorbereitet zu sein
Deshalb ist Vorbereitung auch nie ein bloßer Gewinn, sondern immer ein Tauschhandel, bei dem man die verringerte Häufigkeit und Schwere von erwarteten Krisensituationen (also solche die einen nicht unvorbereitet erwischen) gegen die gesteigerte Härte von unerwarteten eintauscht.
Und genauso ist die Vorbereitung, als Geschäft betrachtet, auch nicht etwa ein sicheres Investment, sondern immer eine Art Spekulationsgeschäft.
Man spekuliert darauf, dass der Einsatz der Vorbereitung, unter der Anzahl aller möglichen Fälle, genau auf die zutreffen wird, die man erwartet, oder zumindest die, die man sich vorstellen kann. Denn schließlich, sind unsere Erwartungen, ja immer durch unsere Vorstellungskraft begrenzt, auch wenn sie diese nicht unbedingt vollständig ausschöpfen.
Man spekuliert darüber hinaus auch noch immer darauf, dass die Auswahl der Vorfälle auf die man spekuliert auch alle Möglichkeiten umfasst.
Es ist also stets eine doppelte Spekulation. Es ist die Spekulation auf unsere Vorstellung, einmal als Spekulation auf das Maß unserer Vorstellungen und dazu noch als Spekulation auf das Maß unserer Vorstellungskraft.
Wir kommen bei der Vorbereitung vereinfacht auf diese Formel hinaus:
Nutzen der Vorbereitung*Wahrscheinlichkeit ihres Zutreffens für richtige Erwartungen vs.
Gefahr eines Irrtums*Wahrscheinlichkeit des Irrtums.
Nur hat diese Sache immer einen entscheidenden Haken:
Die erste Hälfte dieser Gleichung ist immer einsichtiger und leichter erkennbar als die zweite Hälfte, weil wir als Menschen nun mal Kausalität rückwärts – also verkehrtherum – leichter denken können als vorwärts, da sie im Rückblick immer eindeutig, in der Vorrausschau aber ungewiss ist. Ein Kalkül wie es der Erwartung und Planung innewohnt, beruht auf genau dieser verkehrten Rückfolgerung, die sich uns subjektiv immer als ihr Gegenteil präsentiert – also so, als müsste es notwendigerweise zu ihr kommen. Es ist uns deshalb leichter vorstellbar, deshalb häufiger vorgestellt und dadurch in seiner Wahrscheinlichkeit auch immer überschätzt.
Was wir hingegen oft unterschätzen, ist eben die Ungewissheit, die allen unseren Erwartungen und Vorbereitungen immer zu Grunde liegt. Wir können niemals exakt die Zukunft vorhersagen. Es kann immer etwas passieren, mit dem wir nicht gerechnet haben und alle unsere Pläne durcheinander werfen.
Und eben um für diesen Fall vorbereitet zu sein, müssen wir ihm hin und wieder ausgesetzt sein, indem wir einfach mal planlos handeln, riskante und unvorhersehbare Situationen konfrontieren und uns dann dem stellen, was passiert und versuchen, damit bestmöglichst umzugehen.