„Die Ideen der Herrschenden werden stets zu den herrschenden Ideen einer Gesellschaft“, nicht zuletzt deshalb, weil sie gerade durch diese Ideen herrschen. Dies erfolgt in gemischten Anteilen sowohl bewusst und unbewusst als auch absichtlich und automatisch. Doch wie genau funktioniert das?
Einerseits versucht jede herrschende Schicht stets die Ideen der Beherrschten in ihrem Sinne zu beeinflussen, andererseits tun sie das durch ihren größeren Einfluss und natürlichen Narzissmus bereits von alleine.
Wer an der Macht ist, glaubt allzu gerne, dass er dies aus gutem Grund ist, wer anderen gegenüber einen Vorteil hat, dass er diesen verdient, wem es besser geht, dass er selbst dafür gesorgt hat, so wie wir alle immer glauben wollen, dass die Vorzüge die wir genießen uns selber zuzuschreiben sind.
Die herrschende Schicht wird also immer von ganz alleine eine Weltsicht entwickeln, die ihre Herrschaft als notwendig, gerechtfertigt und wohltuend und sich selber als überlegen darstellt. Dies geschieht entweder explizit (wie im Mittelalter) oder implizit (wie heute). Die herrschende Schicht stellt sich nun nicht mehr direkt als überlegen dar, bemüht sich aber immer darum, den Darstellungen zur Durchsetzung zu verhelfen, die sie dann als überlegen darstellen.
Es reicht, eine Weltsicht zu predigen, deren Annahmen die gewünschte Schlussfolgerung nahelegen. Gewünscht ist dabei natürlich nicht nur eine positive Darstellung der herrschenden Schicht selber, sondern auch des gesamten gesellschaftlichen Arrangements, auf dem ihre Herrschaft beruht.
So eine Weltsicht, wird dann von der herrschenden Schicht einerseits von alleine verbreitet, andererseits aber auch bereitwillig von den Beherrschten übernommen. Diese imitieren nicht nur von Natur aus stets alles, was mit universell ersehntem höheren Status assoziiert wird, sondern auch hoffen oft auch insgeheim, durch Imitation Status zu erlangen.
Dieser Versuch jedoch ist unweigerlich zum Scheitern verurteilt, denn er verwechselt die oberflächliche Erscheinung der ausgedrückten Wirkung ihres Status mit dessen tatsächlichen Ursachen. Es ist ja z.B. nicht pompöser Luxus, der einen reich macht, sondern der Reichtum, der den Luxus ermöglicht.
Aber auch da, wo man etwas imitiert, was tatsächlich wirkungsvoll ist, vergisst man allzu leicht, dass was für den einen funktioniert für jemand anderen nicht die selbe Wirkung haben muss, wenn er sich in einem anderen Kontext befindet. Vieles, was für die Herrschenden funktioniert, tut es eben nur deshalb, weil sie die Herrschenden sind. So ist z.B. ein autoritäres Auftreten in vielen Fällen nur dann wirksam, wenn man auch wirklich Autorität hat.
Es ist, als würde man zu überholen versuchen, was man doch zugleich mit anschiebt. So wird man zwar selber schneller, wird aber niemals wirklich aufholen können. Man lässt sich von den kleinen Gewinnen, die man dabei erzielt, die Hoffnung vormachen, selber irgendwann auch zu den Gewinnern gehören zu können.
Aber oft sind die Ideen, durch die geherrscht wird, auch gar nicht mal die Ideen der Herrschenden selber, sondern nur die, die sie Zwecks Selbstdarstellung und Kooptierung von sich geben.
Man redet den Beherrschten einfach alles ein, was einem dabei hilft, sowohl sie in als auch einen selber in der jeweiligen Position zu halten und redet ihnen aus, was sie dazu bringen könnte, dieses Arrangement in Frage zu stellen. Dies kann, wie oben erwähnt, durch direkte Selbstdarstellung und indirektes Framing erfolgen, aber auch durch simple Ablenkung, Verschleierung oder Beschäftigungstaktiken.
Niemand muss an ein Herrschaftsverhältnis glauben, solange er nur das glaubt, was es aufrechterhält. Dieser indirekte Weg ist oft sogar noch effektiver, weil man sich weder rechtfertigen noch irgendwelche Blöße geben muss. Was nicht offengelegt wird, ist stets schwerer zu erkennen und somit auch schwerer zu kritisieren und anzugreifen.