„Talk is cheap“ – Reden ist billig

Worte können ihren Wert immer nur in dem haben, was sie uns sagen (also in dem, was wir aus ihnen lernen können), oder darin, was wir mit ihnen machen können. Lernen können wir aus ihnen aber nur das, was wir auch verstehen und glauben können. Machen aus ihnen nur etwas, insofern sie zur Absprache für gemeinsames Handeln taugen. Das setzt Verständlichkeit und Vertrauen voraus.

Verständlichkeit erfordert Klarheit und Vertrauen erfordert Glaubhaftigkeit, beides aber erfordert Überprüfbarkeit. Überprüfbar ist nur, was in der Form verständlich und im Inhalt zugänglich ist.

Worte aber, die entweder keine verständlichen Aussagen machen oder sich in diesen nicht auf uns zugängliche Dinge beziehen, sind eben nur das: bloße Worte. Wer nur bloße Worte ohne Gehalt gebraucht, spricht nicht mit uns, sondern redet uns nur an.

Solch ein Gerede kann man getrost mit der selben Leichtfertigkeit verwerfen, mit der es meist ausgesprochen wird. Es hat für uns keinen Wert, ausser den der Unterhaltung, und sagt uns auch nichts, ausser dem, was es uns über den Redenden sagt.

Das trifft auf alle Absichtserklärungen, Selbstdarstellungen, Versprechungen, Lippenbekenntnisse, Plattitüden, Orakelsprüche und sonstigen Worthülsen zu, hinter denen ausser ihrem Effekt auf den Zuhörer nichts weiter steckt, als die Absichten desjenigen, der sie von sich gibt.

Denn Worte haben an sich kein Gewicht, sondern immer nur das, was hinter ihnen steht. Beziehen sie sich auf die Welt, so müssen es reale Dinge, oder zumindest die Ideen davon, sein. Beziehen sich Worte auf einen selber, so müssen es Taten sein. Wo aber weder Dinge noch Taten hinter den Worten zu finden sind, können wir sie getrost als so nichtig erachten, wie sie es sind.

Dennoch lässt sich auch von bloßem Gerede etwas lernen, auch wenn es nicht in den geäußerten Worten selber liegt.

Denn alles, was einer spricht, ob er nun wirklich etwas zu sagen hat oder nur daherredet, ist immer eine mehr oder weniger unabsichtliche Selbstaussage. Selbst dann, wenn jemand explizit eine Selbstaussage äußert, sagt es uns immer mehr, und oft auch anderes, über ihn aus, als das, was er über sich äußert.

Hat man mit Gerede zu tun, sollte man sich nicht darin abmühen einen Sinn zu suchen, wo keiner zu finden ist, sondern sich stattdessen nach dem Zweck davon fragen. Und um zu wissen, welcher Zweck beabsichtigt ist, reicht es meist, sich zu fragen, welchen Zweck man bedienen würde, wenn man dem Redner Glauben schenken würde.

Und um wiederum den Zweck herauszufinden, müssen wir dem Nutzen auf den Grund gehen. Hier sollten wir darauf achten, wem in welchem Ausmaß Nutzen und Schaden zukommt.

Nützt sich der Redner nur selber, nützt er vielleicht uns beiden? Nutzt er uns nur aus, oder schadet er uns sogar noch? In jedem Fall sollte man, so leichtfertig wie das Gerede ist und so leichtfertig wir es auch verwerfen können, die Angelegenheit doch nicht leichtfertig hinnehmen.

Nicht umsonst heisst es ja, dass man stets darauf achten soll, was Leute tun, anstatt auf das zu hören, was sie reden. Macht man allerdings beides und achtet darauf, was sie tun und was sie reden, ohne dem Geredeten Glauben zu schenken, so erkennt man recht schnell, welcher Zweck hinter beidem steht und was sie mit dem, was sie reden, zu tun beabsichtigen.

Doch nicht alles, was stattdessen nur Unsinn ist, ist deshalb auch unbedingt harmlos. Im Gegenteil: Unsinn an sich ist, unabhängig von seinem eventuell bewirkten Schaden, an sich immer schon schadhaft für unseren Verstand, unsere Orientierung und damit auch unsere Handlungsfähigkeit.

Unsinn stiftet doch immer, wenn er uns auch nicht immer zu schädlichem Handeln anstiftet, Verwirrung. Diese Verwirrung raubt uns die Voraussetzungen zu konstruktivem und kooperativem Handeln. Ersteres erfordert, dass wir die Realität so erkennen wie sie ist, letzteres, dass wir einander erkennen und uns gegenseitig verstehen. Wo uns diese Voraussetzungen nicht gegeben werden, brauchen wir uns auch nicht den darauf beruhenden Handlungen verpflichtet fühlen.

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