Die Anpassungsfähigkeit des Menschen ist seine größte Stärke und zugleich sein größter Fluch. Durch Anpassungsfähigkeit können wir uns auch an das Schlimmste gewöhnen und es ertragen lernen. Wir können aber genau so lernen, Schlimmes zu ertragen, was wir eigentlich ändern könnten und sollten- ob es nun uns oder andere betrifft.
Treiben wir es mit der Anpassung an das Schlimmste dabei zu weit, so gewöhnen wir uns so sehr daran, dass wir es am Ende für normal halten. Und genau auf dem selben Weg wird, das was wir für normal halten, auch zu dem, was wir für das Gute halten- auch dann, wenn es eigentlich schlecht und/oder böse ist.
Anpassung macht uns unsere Umstände aber nicht nur erträglicher, sondern auch umgänglicher. Je mehr wir uns unseren Umständen anpassen, umso mehr passen wir auch in sie und umso mehr können wir sie somit auch unseren Vorstellungen, Wünschen und Bedürfnissen anpassen.
Auf dem selben Weg durch den wir so Dinge durch Anpassung veränderbar machen und auch in unserem Sinne veränderbar machen können, können sie aber auch uns verändern und wir uns in ihnen verlieren.
Denn je mehr wir uns anpassen und verändern, um etwas zu verändern, umso weniger sind wir noch wir selbst und umso weniger bedeutungsvoll und unserer ursprünglichen Absicht treu ist dann noch die durch uns hervorgerufene Veränderung. Nicht wenige Menschen gehen so unter in dem, was sie verändern wollen und verinnerlichen mit der Zeit, was sie anfangs doch nur von innen verändern wollten.
Unsere Anpassungsfähigkeit ist also stets zwiespältig: Sie erlaubt Gewöhnung an das Gute, wie an das Schlechte gleichermaßen, kann Leid mindern und dazu führen, dass es unnötig hingenommen wird, und macht uns gleichermaßen ohnmächtig wie wirkungsvoll. Sie kann uns helfen über den Dingen zu stehen und uns in diese herabziehen. Sie kann uns helfen, uns von Schlechtem zu trennen und Gutes in uns aufzunehmen, aber umgekehrt genauso dazu bringen, uns vom Guten fernzuhalten und dem Schlechten anzugleichen.