Was ist Faulheit?

Faulheit ist die Verweigerung des Diktats der Nützlichkeit.

Wer faul ist, ist nicht etwa weniger bereit sich für etwas anzustrengen. Er ist es nur dann nicht,wenn es ihm nicht persönlich interessant oder notwendig genug vorkommt. Ob es dabei im weiteren Sinne nützlich ist oder sein könnte, kümmert ihn nicht, weil er sich stets mehr für das interessiert was er will, als das was er – ob nach eigener oder fremder Maßgabe – tun sollte.

Zwar gibt es für das, was man will, immer auch etwas, was man dafür tun sollte oder muss, allerdings ist deshalb noch lange nicht alles ,was man tun sollte oder vermeintlich muss auch irgendwie für das, was man will relevant.

Es kümmert den Faulen also nicht was man denn so tun sollte, sondern was er selber genau (und leider oft auch nur jetzt) will. Die Faulheit ist also der Minimalismus der Bemühung konzentriert auf den eigenen Willen.

Dieser Minimalismus erweist sich dabei immer als ein zweischneidiges Schwert. Denn einerseits erspart man sich dadurch unnötige, irrelevante und unkonstruktive Bemühungen, andererseits übersieht man dabei oft gerade die Bemühungen, die für das, was man will, nicht direkt und unmittelbar, dafür aber indirekt, mittelbar und langfristig relevant sind.

Der blinde Fleck des Faulen liegt also genau im Schatten der Schärfe seines Fokus auf den eigenen Willen. Er „weiß“ zwar genau, was er will und ist sich darin auch genauso sicher, allerdings übersieht er dabei oft, was es dafür aus einer weiteren Perspektive gesehen alles braucht.

Denn wer sich immer nur mit dem beschäftigt, was ihm sofort und unmittelbar im gegenwärtigen Moment als relevant ersichtlich ist (oder so scheint), der sucht nicht danach, was darüber hinaus noch relevant ist, sein kann und sein sollte, und auch nicht danach, worin sich die Relevanz der Dinge für uns überhaupt begründet.

Der Haken bei der ganzen Sache ist zudem, dass nicht einfach nur unsere Tätigkeit in unserem Interesse begründet liegt, sondern auch umgekehrt unser Interesse in unserer Tätigkeit. Denn damit etwas für uns interessant wird, muss es erst einmal relevant sein und relevant wird es eben dadurch, dass wir uns damit beschäftigen.

Interesse und Bedürfnis – wovon der minimalistische Wille des Faulen bestimmt wird – sind also gemeinsam die Kraft, die einerseits unseren Willen beleben und vorantreiben, ihn andererseits aber auch einengen kann. Wird er derartig zu sehr durch sich selber eingeengt, besteht die Gefahr, dass er sich dabei selbst erstickt. Und genau das ist die Gefahr bei der Faulheit aus der wir folgende Lehre ziehen können: Sieh zu, dass du dich nicht zu sehr auf das beschränkst, was dir im Moment wichtig ist, sonst wird dir auf Dauer immer weniger wirklich wichtig sein können.

Die Faulheit ist also letztendlich ein zweischneidiges Schwert. Sie nimmt uns die unnötigen Belastungen und Beschäftigungen genauso ab wie die nötigen und hilfreichen. Aus ersterem Grund sollte man sie nicht als Sünde verdammen, aus letzterem aber sich ihr auch nicht unreflektiert hingeben.

Man steht somit vor der Wahl, entweder grundsätzlich faul zu sein und sich nur um das zu bemühen, was einem unmittelbar wichtig ist, oder aber sich erst zu bemühen und dann zu prüfen, was von unseren Mühen wirklich den Aufwand wert ist.

An einem kommt man allerdings in jedem Fall nicht vorbei: sein Handeln an dem zu orientieren, was einem wichtig ist. Faulheit ist dabei lediglich die Via Negativa zu diesem Ziel.

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