In der Bibel heißt es, „Wer durch das Schwert lebt wird durch das Schwert sterben“ und genau dasselbe gilt für eine Herrschaft, immer in dem Maß wie sie sich auf das Schwert zu ihrer Behauptung stützt. Aber warum ist das so?
Was bedeutet es durch das Schwert zu herrschen? Wer durch das Schwert herrscht, herrscht nicht einfach durch den direkten Zwang der Gewalt, sonder durch den Eindruck des Spektakels ihrer Ausübung. Gewalt möglichst dramatisch und eindrucksvoll auszuüben, ist immer ein dreifacher Versuch die eigene Stärke zu beweisen. Dieser liegt darin zu beweisen, dass man fähig ist, weil man zur Gewalt fähig ist, dass man überlegen ist weil man sich durch überlegene Gewalt durchsetzt und dass man sicher und zuverlässig ist, weil man sie zuverlässig und voraussehbar einsetzt. Aber wie so viele Zusammenhänge im Leben geht auch dieser immer in beide Richtungen.
Wo man seine Macht durch Überlegenheit zu beweisen versucht, da wird sie durch jede Unterlegenheit auch wieder in gleichem Maße widerlegt. Und wo man seine Überlegenheit durch die Durchsetzung seines Willens zu beweisen sucht, da wird auch dieser widerlegt, sobald man ihm nicht mehr folge leistet. Und selbst dann, wenn man es dabei nicht so meint und die Durchsetzung des eigenen Willens, um des Willens und nicht der Macht willen anstrebt, wird man doch immer nach dieser Logik auf die Probe gestellt. Man muss ja schließlich nicht stark für den Fall des Gelingens aussehen wollen, um im Fall des Misslingens als schwach betrachtet zu werden.
Um bei der Machtprobe eines Möchtegerntyrannen -und nur ein solcher kann jeder Tyrann in Wahrheit sein- diesen bloßzustellen gibt es also zwei Wege: Man kann entweder durch eine überlegene Gegengewalt oder durch Zuwiderhandeln dessen Schwäche bloßstellen und somit die als selbsterfüllende Prophezeiung wirkende Gewaltspirale, in eine ebenfalls als selbsterfüllende Prophezeiung wirkende Implosion der Gewaltherrschaft umwandeln. Optional kann man, wenn man ihn bei der Gewaltausübung durch Provokation und/oder Überforderung zur Inkonsistenz reizt auch so bloßstellen. Denn genau in dem Maß wie ein Tyrann durch Ausübung von Gewalt und den damit erzeugten Eindruck, immer mehr Opportunisten und Feiglinge um sich scharen und somit sein Gewaltpotential steigern kann, werden diese sich im Ausmaß seines Versagens bei der Durchsetzung seines Willens von ihm abwenden oder sich sogar gegen ihn wenden.
Um einen Tyrann bei der Machtprobe die jeder seiner Machtausübungsversuche innewohnt herauszufordern ist es also nicht zwingend nötig ihn auf der Ebene der Gewalt übertreffen zu müssen; man muss ihm einfach nur zuwiderhandeln. Und manchmal nicht einmal das. Manchmal ist alles was man tun muss, um den Tyrann bloßzustellen einfach nichts. Denn was er verbietet, dass kann man durch Ausübung herausfordern, was er aber verlangt braucht nur durch Zurückhaltung untergangen zu werden.
So ist also jede Ausweitung und jedes Aufbäumen einer Tyrannei in dem Maß wie es bedrohlicher wird auch immer wackeliger und angreifbarer. Je mehr man von den Menschen verlangtwird umso leichter können sie die Verlangenden bloßstellen und lächerlich machen. Und je größer sich eine Tyrannei damit aufbäumt umso weiter und härter wird sie zwangsläufig fallen müssen wenn sie damit scheitert. Und da es nun mal in der Natur von Tyrannen -und womöglich auch in der Natur von tyrannischen Systemen selber- liegt, nie genug kriegen zu können, immer mehr von den Menschen zu verlangen und sich zu immer größeren Dimensionen aufzublasen, liegt es auch in ihrer Natur auf dem Weg auf dem sie gewachsen sind, zwangsläufig zugrunde zu gehen.