Die Gefahr unserer Zeit liegt darin, dass wir das Verhältnis welches wir zu unserer Technologie haben, bedeutend langsamer meistern als diese Technologie selber.
Unsere heutige Einstellung ist im wesentlichen die, dass der Schlüssel zur Lösung unserer Probleme darin liegt durch immer mehr Wissen über Bestehendes und Mögliches und immer mehr dazugehörig einsetzbare Mittel, immer mehr Können und somit immer mehr Macht anzuhäufen, um somit letztendlich mehr Macht über unsere Probleme zu bekommen, sie dadurch zu lösen, und auf diesem Weg Schritt für Schritt die Welt zum Besseren zu verändern. Der Gedanke ist wie folgt: Kriegen wir nicht was wir wollen, so muss es daran liegen dass wir nicht genug dafür tun können, und das weil wir nicht genug darüber wissen
Deshalb auch ist Macht für uns nun nicht mehr nur ein bestimmtes Mittel, welches man aus Notwendigkeit im Umgang mit einem konkreten Ziel anstrebt, sondern ein und vielleicht das höchste Gut, welches wir allgemein anstreben und damit zu einem Wert machen. Unsere Überzeugung ist, dass wenn wir einfach nur dafür sorgen, soviel wie möglich zu können (also möglichst viel Macht zu haben), wir automatisch auch das können werden was wir brauchen – auch wenn wir -noch- nicht wissen was und wofür genau das sein sollte.
Das beste zu tun ist für uns somit v.a. eine Frage des richtigen Könnens, nicht aber der richtigen Entscheidung des Umgangs mit unserem Können. Und genau da liegt das Problem. Was nützt einem schließlich die Macht über etwas, wenn man weder mit dieser noch mit der Sache über die man sie hat richtig umgehen kann?
Was die Überwindung materieller Existenznöte angeht, hat sich dieser Weg zwar bis jetzt als die erfolgreichste Herangehensweise herausgestellt, die uns bekannt ist, aber darüber hinaus stellen wir nun fest, dass dieser Problemlösungsansatz ganz eigene neue Probleme mit sich bringt, die erst erklärbar sind, wenn wir uns gewahr werden wie weit Wissen, Macht und Können wirklich reichen (also weit über benevolente Problemlösung hinaus), wie sie zwischen den Menschen wirklich verteilt und verfügbar sind und welche Rolle sie entsprechend in der Dynamik zwischen ihnen spielen.
Dabei stellt sich heraus, dass Wissen, Macht und Können nicht immer dort sind, wo sie zur Problemlösung gebraucht werden und zum anderen dort wo sie sind, oft nicht in der Lösung unserer Probleme ihren Gebrauch finden, oder sogar derart die Probleme einiger lösen, dass deren Lösungen zu unseren Problemen werden -v.a. wenn wir selber für sie das Problem sind.
Wie bereits oben erwähnt liegt der Kern der Probleme unser Zeit darin, immer mehr von dem zu verlangen, womit wir immer weniger richtig umgehen können (also Macht). Und das ist im Grunde genommen nichts weiter als ein Art Wahn; und zwar ein Wahn von Machbarkeit und von Größe der immer mehr in dem Maß zunimmt, wie er an seiner eigenen Rücksichtsblindheit scheitert.
Nun sollten wir uns also folgendes fragen: Wie viele unserer Probleme kommen wirklich davon, dass wir nicht wissen was wir tun sollten oder tun können, also dass es uns an Mitteln und/oder Möglichkeiten fehlt? Kommen sie nicht vielmehr davon, dass wir das Wissen, die Macht und das Können, das wir haben nicht richtig wahrhaben und damit nicht richtig umgehen können?
Und wenn dem so ist, sind es nicht Willenskraft, Weisheit und Entscheidungsfähigkeit das woran es uns wirklich mangelt? Und wenn nun auch dem so ist und die Probleme die wir mit der Welt haben von unserer Unfähigkeit mit ihr richtig umzugehen auf Grundlage unserer Unfähigkeit mit uns selber richtig umzugehen kommen, sollten wir uns dann zur Lösung unserer Probleme nicht paradoxerweise ersteinmal von ihnen abwenden, innehalten und uns unserer eigenen Verfasstheit zuwenden?