Die Krise(n) des modernen Menschen

Der moderne Mensch sieht sich im wesentlichen drei aufeinander aufbauenden und schließlich im angehenden Schwinden und dauerhaften Abbau seiner Lebenskraft mündenden Krisen ausgesetzt.

Diese sind zuerst eine Krise des Sinns, darauf eine Krise der Motivation und schließlich eine Krise der Lebensenergie und damit auch seines Willens sowie seiner Kraft zum Leben.

Aber wie kommt es nun dazu?

Es fängt damit an, dass der moderne Mensch sich in einer Welt wiederfindet, aus der er keinen Sinn mehr für sich und sein Leben gewinnen kann. Weder kann er sie allumfassend verstehen, noch kann er aus dem Verständnis das er von ihr hat, für sich erkennen, was er mit seinem Leben in ihr tun soll (und nicht etwa bloß tun muss oder kann).

Darin liegt das ganze Debakel begründet: Wer wirklich leben will und nicht einfach nur existieren, der braucht dazu auch immer ein Warum, um es sich zu erklären und ein Wofür außerhalb von sich selber, um auch einen Grund dafür zu haben, wobei beides natürlich nicht willkürlich gewählt, sondern aus (vermeintlich?) erfahr- und erkennbaren Realitäten gefolgert und in konsistenten Zusammenhang gebracht werden muss.

Wo man aber keinen Sinn mehr für sich in der Welt findet, da kann man es auch für das eigene Leben in ihr nicht mehr. Wo man für das eigene Leben keinen Sinn hat, da hat man keinen Grund mehr dazu und wo man dazu keinen Grund mehr hat, da hat man ihn auch für die Tätigkeiten die es ausmachen nicht mehr und somit keine Motivation mehr für diese. Und hat man einmal seine Motivation, das zu tun was das Leben ausmacht, verloren, wird man mit der Zeit auch die Kraft dazu verlieren; zuerst weil man keinen Zugriff mehr auf sie hat und später, weil sie durch den mangelnden Gebrauch zunehmend verkümmert.

Wenn wir aber als moderne Menschen, in der von uns geschaffenen modernen Welt, keinen Sinn mehr finden können liegt das nun an uns, oder an dieser Welt? Und wenn es an der Welt liegt, würde es dann auch nicht wieder indirekt an uns liegen, weil wir sie ja zu dem gemacht haben was sie nun für uns ist?

Ist die moderne Welt einfach zu kompliziert und dynamisch für unsere zurückgebliebenen Gehirne, oder ist sie strukturell unsinnig oder sogar widersinnig und damit sinnfeindlich, weil sie uns womöglich mehr Widersprüchen und Absurditäten aussetzt, als mit einem gesunden Menschenverstand noch vereinbar wären.

Wäre ersteres der Fall, dann würden v.a. die einfältigen und stumpfsinnigen Menschen aufgrund von Überforderung am meisten unter ihr leiden, während die intelligenteren und feinsinnigeren Geister mit ihr am besten auskommen würden. In der Realität können wir jedoch genau das Gegenteil beobachten. Es gibt kaum jemanden der er es schafft gegenüber unserer modernen Welt, sowohl mit Verstand als auch mit emotionaler Verbundenheit zu ihr zu leben, ohne irgendeine Pathologie in größerem oder kleinerem Ausmaß zu entwickeln. Diejenigen von Verstand, die es schaffen in ihr einigermaßen zu funktionieren, ohne dabei geisteskrank zu werden, erreichen dies meist nur dadurch, dass sie sich von ihr praktisch oder emotional weitestgehend abkapseln.

Folglich können wir davon ausgehen, dass das Kernproblem die Widersinnigkeit der modernen Welt -so wie wir sie uns geschaffen haben- und nicht etwa unser eigenes Unvermögen, oder nur die Sinnleere durch den Verlust der alten durch Religion und Tradition bestimmten Welt, ist.

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